Beten mit der Bibel – #2 Biblische Grundlage

Heute starten wir mit der Frage: Warum beten mit der Bibel? – die biblische Grundlage

Schön, dass du dabei bist, wenn wir uns durch das spannende Thema „Beten mit der Bibel“ arbeiten. Ich finde es immer einen sehr guten Start, wenn wir vor allem anderen in die Bibel schauen, ob dieses Thema dort irgendwo vorkommt. Kann man das Beten mit der Bibel aus Gottes Wort ableiten? Ja, gibt es sogar Personen der Bibel, die auf diese Art und Weise gebetet haben? Darum soll es heute gehen und ich freu mich, mit dir gemeinsam tiefer in Gottes Wort einzutauchen.

Los geht’s mit der Frage – gibt es in der Bibel irgendwelche Anhaltspunkte, dass Menschen in der Bibel mit der Bibel gebetet haben? Auch wenn es vielleicht nicht unbedingt notwendig wäre, dass wir diese Gebetspraxis aus der Bibel ableiten können, so freut es mich sehr, dass in der Bibel tatsächlich so gebetet wurde.

Die ersten Christen beten mit der Bibel

Auch wenn wir nicht viel darüber wissen, wie die ersten Christen – also die ganz normalen Menschen (mal abgesehen von den großen Theologen und Missionaren der damaligen Zeit), die in ihrem Beruf als Fischer, Handwerker oder Landwirt gearbeitet haben – nach der Auferstehung Jesu gebetet haben, so können wir doch ein paar Dinge aus ihrem Leben ableiten. Diese ersten Christen kamen als Gemeinde Gottes zusammen, um gesunde biblische Lehre zu hören, in liebevoller Gemeinschaft zu leben, gemeinsam das Abendmahl zu feiern und sich im Gebet zu verbinden (Apostelgeschichte 2,42).

In der Bibel finden wir die verschiedenen Gebete von Jesus oder Paulus. Aber Beispielgebete der ersten Christen in den antiken Gemeinde sind sehr rar. Ein Gebet ist uns aber in Apostelgeschichte 4 glücklicherweise überliefert, und das hat seine Basis in der Bibel. Um was geht’s? Die beiden Apostel Petrus und Johannes predigen öffentlich das Evangelium von Jesus Christus. Das stieß bei der führenden religiösen Elite des Landes schnell auf großen Widerstand. Sie hatten ja vor Kurzem erst das Todesurteil über Jesus ausgesprochen und ihn an die römische Besatzungsmacht ausgeliefert, die das Urteil auch zügig vollstreckten. Und jetzt kommen diese Nachfolger von Jesus und belehren alle Menschen, dass Jesus aus dem Tod wieder auferstanden ist. Das konnten sie nicht zulassen.

Petrus und Johannes werden also verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Am nächsten Tag kommen die höchsten Repräsentanten der religiösen Führung Israels zusammen und befragen Petrus und Johannes. Diese bekennen selbstverständlich weiterhin ihren Glauben an Jesus und klagen ihrerseits ihre Ankläger an. Nach einer Beratung wird beiden – natürlich extrem erfolglos – strengstens verboten weiter im Namen von Jesus zu predigen.

Das ist der Hintergrund des Gebets der Christen. Als Petrus und Johannes dann in die Gemeinde in Jerusalem kommen, beten sie gemeinsam an Hand der Bibel. Sie stehen also in einer sehr herausfordernden und für sie gefährlichen Situation, die gerade noch einmal glimpflich ausgegangen ist und greifen in ihrem Gebet auf Worte aus der Bibel zurück. Lies das gesamte Gebet einmal in Apostelgeschichte 4,23-31 nach.

„24 Als sie das hörten, erhoben sie ihre Stimme einmütig zu Gott und sprachen: Herr, du hast Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht, 25 du hast durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, durch den Heiligen Geist gesagt: »Warum toben die Heiden, und die Völker nehmen sich vor, was vergeblich ist? 26 Die Könige der Erde treten zusammen, und die Fürsten versammeln sich wider den Herrn und seinen Christus.« 27 Wahrhaftig, sie haben sich versammelt in dieser Stadt gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, Herodes und Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israels, 28 zu tun, was deine Hand und dein Ratschluss zuvor bestimmt haben, dass es geschehen sollte. 29 Und nun, Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten, mit allem Freimut zu reden dein Wort. 30 Strecke deine Hand aus zur Heilung und lass Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus. (Apostelgeschichte 4,24-30)“

Die dick markierten Stellen sind Zitate aus Psalm 2,1–2, die die erste Gemeinde in ihrem Gebet verarbeitet hat. Ich würde ja so gerne das ganze Gebet der Gemeinde hören, aus dem wir hier nur einen kurzen Ausschnitt lesen. Diese Christen erinnerten sich gemeinsam und einmütig an die Worte Gottes, die er seinem Volk schon Jahrhunderte zuvor durch König David zugesprochen hatte und wandten diese im Gebet auf ihre derzeitige Situation an. Spannend, oder? Wenn wir mit der Bibel beten, folgen wir also einer Gebetspraxis, die schon die erste Gemeinde mit den Aposteln Petrus und Johannes praktizierten.

Jesus betet am Kreuz mit der Bibel

Ein zweites Beispiel ist Jesus Christus selbst. Kurz vor seinem Tod, als er blutend und voller Schmerzen am Kreuz hängt, betet Jesus zu seinem himmlischen Vater: „Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lama sabachthani, das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Matthäus 27,46; Markus 15,34)“ Jesus spricht in diesem kurzen und vermutlich durch seinen Todeskampf stockenden Gebet zu seinem Vater im Himmel Worte aus Psalm 22,2. In dieser dunkelsten Stunde seines Lebens, in der er kaum noch eigene Worte findet (überliefert sind uns nur einzelne Sätze), greift Jesus auf bekannte Worte aus dem Buch der Psalmen zurück.

Direkt vor seinem Tod betet Jesus noch einmal: „Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist! Und als er das gesagt hatte, verschied er. (Lukas 23,46)“ Diese Worte stammen aus Psalm 31,6. Psalm 31 ist ein Psalm Davids, in dem König David Zuflucht bei seinem Gott sucht. Jesus hat also selbst in der dunkelsten und schmerzhaftesten Stunde in seinem Gebet zu seinem Vater im Himmel auf bekannte Worte der hebräischen Bibel zurückgegriffen.

Die Psalmen greifen biblische Geschichte auf

Als drittes möchte ich euch einen wundervoll gestalteten Psalm vorstellen. Psalm 78 wurde vermutlich als Lied gesungen und beschreibt die Geschichte Israels, die wir auch heute noch als Überlieferung in den Geschichtsbüchern der Bibel wiederfinden. Asaph, der Schreiber dieses Psalms, greift auf bekannte biblische Geschichte zurück, um dieses Lied zu komponieren.

Asaphs Grund für diesen Psalm finden wir in den ersten Versen. Er möchte die Erinnerung wach halten an die Wunder, die sein Volk mit Gott erlebt hat: „3 Was wir gehört und erfahren haben und was unsere Väter uns erzählt haben, 4 das wollen wir auch unseren Kindern nicht vorenthalten. Denen, die nach uns kommen, wollen wir von den großartigen Taten des HERRN erzählen, von seiner Macht und den Wundern, die er vollbracht hat. (Psalm 78,3–4)“

In 72 Versen beschreibt Asaph die Geschichte des treuen Handelns Gottes gegenüber seinem widerspenstigen Volks Israels, von der Sklaverei in Ägypten bis hin zu König David. Jahrhunderte biblischer Geschichte in einem einzigen Psalm, einem Loblied, einem Gebet zum Gott Israels.

Nehemia betet mit Gottes Verheißungen

Im Buch Nehemia finden wir eine weitere interessante Art mit biblischen Texten im Gebet umzugehen. Wir lesen von einem Mann namens Nehemia, der zusammen mit dem jüdischen Volk sein Dasein in Babylon fristen muss. Aus der Heimat vertrieben leben sie in der Fremde und sehnen sich zurück nach Israel. Eines Tages kommen ein paar Männer aus Juda nach Babylon und berichten Nehemia, der als Mundschenk am babylonischen Königshof arbeitet, wie es in der Heimat aussieht. Und die Aussichten sind düster. Die, die vor der Gefangenschaft verschont geblieben sind leiden großes Unglück und Schmach, u. a. weil die Stadtmauern zerstört und sie schutzlos jeder Gefahr ausgeliefert sind.

In dieser schweren Zeit betet Nehemia ein Gebet, dass uns in Nehemia 1 überliefert ist. Hier ein paar Auszüge aus diesem Gebet: „5 Ach, HERR, Gott des Himmels, du großer und furchtbarer Gott, der da hält den Bund und die Treue denen, die ihn lieben und seine Gebote halten! 6 Lass doch deine Ohren aufmerken und deine Augen offen sein, dass du das Gebet deines Knechtes hörst, das ich jetzt vor dir bete Tag und Nacht für die Israeliten, deine Knechte, und bekenne die Sünden der Israeliten, die wir an dir getan haben; und ich und meines Vaters Haus haben auch gesündigt.

7 Wir haben übel an dir getan, dass wir nicht gehalten haben die Gebote, Befehle und Rechte, die du geboten hast deinem Knecht Mose. 8 Gedenke aber doch des Wortes, das du deinem Knecht Mose gebotest und sprachst: Wenn ihr mir die Treue brecht, so will ich euch unter die Völker zerstreuen. 9 Wenn ihr euch aber zu mir bekehrt und meine Gebote haltet und sie tut, so will ich, auch wenn ihr versprengt wäret bis an des Himmels Ende, euch doch von da sammeln und will euch bringen an den Ort, den ich erwählt habe, damit mein Name dort wohne.

Jahrhunderte zuvor hat Gott dem Mose alles angekündigt, was kommen wird, wenn sein Volk sich von ihm, dem lebendigen und heiligen Gott, abwendet. Nehemia weiß, dass alles so eingetreten ist, wie Gott es angekündigt hatte. Aber er weiß auch, dass in dem Gericht auch eine Verheißung angekündigt ist, auf die sich Nehemia jetzt in seinem Gebet bezieht.

In 5. Mose 4,27 lesen wir: „Und der HERR wird euch unter die Völker zerstreuen, und es wird eine geringe Zahl von euch übrigbleiben unter den Heiden, zu denen euch der HERR hinwegtreiben wird.“ Diese Ankündigung ist wahr geworden, als sich Israel Jahrzehnt für Jahrzehnt immer weiter von seinem Gott abgewendet hat. Aber, und das ist das Besondere an dem Gebet des Nehemia. Er erkennt, dass sich alles so erfüllt hat, wie Gott es angekündigt hatte und bringt das im Gebet vor Gott. Er stellt sich unter die Schuld seines Volkes und bittet stellvertretend um Vergebung.

In 5. Mose 30,4–5 lesen wir dann die Verheißung, das Versprechen Gottes, auf das sich Nehemia in seinem Gebet bezieht: „Und wenn du auch bis an das Ende des Himmels verstoßen wärst, so wird dich doch der HERR, dein Gott, von dort sammeln und dich von dort holen. Und der HERR, dein Gott, wird dich in das Land zurückbringen, das deine Väter besessen haben, und du wirst es in Besitz nehmen, und er wird dir Gutes tun und dich mehren, mehr als deine Väter.“ Nehemia betet auf Basis eines Versprechens Gottes, das Gott Jahrhunderte vorher seinem Volk verheißen hat. Er betet nicht aus dem luftleeren Raum heraus mit Wünschen oder Vorschlägen, sondern auf dem festen Fundament von Gottes Wort. Er steht auf biblischer Wahrheit und benutzt diese Wahrheit um sein Anliegen vor Gott zu bringen. Daher ist es beeindruckend, wie biblisch fundiert sein Gebet ist.

Hanna betet mit biblischen Beschreibungen

Als Letztes möchte ich euch noch ein Gebet zeigen, das zwar keine direkten Zitate oder Geschichten aus der Bibel verwenden, aber doch biblische Inhalte oder Beschreibungen, wie Namen oder Titel benutzen. Das Gebet der Hanna aus 1. Samuel 2,1-10 zeigt uns ein Beispiel eines Lob- und Dankgebet einer gottesfürchtigen Frau, in dem sie Gott als Fels beschreibt.

Als kurzes Beispiel soll Vers 2 dienen: „Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist.“ Hier benutzt Hanna eine Beschreibung Gottes aus 5. Mose 32,4: „Er ist der Fels; vollkommen ist sein Tun; ja, alle seine Wege sind gerecht.“ Später wurde diese Formulierung dann auch in den Psalmen verwendet: „Denn wer ist Gott, wenn nicht der HERR, oder ein Fels, wenn nicht unser Gott? (Psalm 18,32)“

Hanna greift in ihrem kunstvoll gestalteten Gebet auf eine bekannte Beschreibung Gottes zurück, die sie aus der hebräischen Bibel kannte und mit der sie aller Wahrscheinlichkeit auch aufgewachsen ist.

Was bleibt als vorläufiges Fazit hängen? Verschiedene biblische Autoren verwenden die Bibel nicht nur für theologische Reflexionen oder Begründungen christlicher Inhalte, sondern nutzen die Worte der Bibel ganz konkret für ihr Gebets- und Glaubensleben. Sei es im gemeinschaftlichen Gebet der ersten Christen, in den kurzen, schmerzerfüllten Gebeten von Jesus am Kreuz, in dem Psalm über die Geschichte Israels oder in der Benutzung eines göttlichen Namens oder Titels.

Es scheint also eine bekannte Praxis gewesen zu sein, die sich durch die Jahrhunderte durchsetzt und von der wir heute noch profitieren können.

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Nimm dir noch einmal die Bibeltexte vor und schau, wie die Christen in Jerusalem, Jesus, der Psalmdichter Asaph, Nehemia im Exil und Hanna den jeweiligen Bibeltext für ihr Gebet oder Lied benutzt haben.
 
Welche Schlüsse kannst du für dein eigenes Gebetsleben ziehen?

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