kreuz+quer: Identität in Christus – jeder auf seine Weise und in seiner Community
Es gibt jedes Jahr mindestens zwei große Jugendevents in Lita (dem Freizeitgelände der Liebenzeller Mission Ecuador) an dem im Prinzip alle Jugendkreise der verschiedenen LM-Gemeinden teilnehmen. Das Besondere daran: es treffen bei diesen Jugendevents unterschiedliche Ethnien zusammen, die außerhalb dieses Events sehr häufig nicht als gleichwertige Ecuadorianer aufeinandertreffen.
Aufgrund ihrer kolonialen Vergangenheit sind in der ecuadorianischen Gesellschaft nach wie vor Klassendenken und Klassenbezug sehr verbreitet. Ein großer Teil der indigenen Bevölkerung, die Quichuas, legen beispielsweise großen Wert darauf, unter sich zu bleiben. Dies gilt unter anderem für Eheschließungen und Rechtsstreitigkeiten. Sie sind eine stolze Volksgruppe und ihre Traditionen sind besonders im Norden Ecuadors allgegenwärtig: in Festen, Kleidung, Ritualen, der Sprache und in der Küche.
Die afro-ecuadorianische Bevölkerung, die als Sklaven von den Spaniern zur Zeit der Kolonialisierung ins Land geholt wurden, lebt weitestgehend in ihren Dörfern und Stadtteilen für sich und ist vom Rest der Ecuadorianer vielfach als die unterste Schicht angesehen. Leider werden sie auch entsprechend behandelt.
Eine indigene Minderheit, die Awa, wurde für sehr viele Jahre schon allein wegen ihrer ganz eigenen, nicht verschriftlichten Sprache, verachtet und ausgegrenzt. Dies ging soweit, dass Eltern versuchten, ihren Kinder nicht die eigene Sprache zu vermitteln und stattdessen Spanisch zu lernen, um der Diskriminierung zu entgehen. Seit etwa 40 Jahren gibt es Awa-Pit in geschriebener Form und die Awa beginnen teilweise, in ihrer eigenen Sprache zu schreiben (WhatsApp zum Beispiel).
Die heutige Hauptbevölkerung, die erst in der Kolonialzeit aus Spaniern und Indigenen entstand, ist häufig bemüht, sozial aufzusteigen und das Ansehen der eigenen Familie zu verbessern. Sehr vereinfacht kann man sagen: je heller die Haut, desto größer das Ansehen und die Chancen, den eigenen sozialen Aufstieg voranzutreiben.
Alle vereint nach wie vor, möglichst nicht all zu viel miteinander zu tun zu haben.
Eine Ausnahme bildet hierbei die Arbeitswelt. Während die Quichua oft als handwerklich geschickt und als gute Baumeister gelten, werden Afro-Ecuadorianer und Awa überdurchschnittlich häufig für die schweren und körperlich anstrengenden Arbeiten eingesetzt.
Vor diesem Hintergrund ist es umso ermutigender zu sehen, wie die beschriebenen Volksgruppen auf den Jugendevents zusammentreffen und sich eine Gemeinschaft entwickelt. Diese ist völlig losgelöst von der eigenen Herkunft. Einzig und allein verbindet alle, dass sie Jesus Christus als ihren Herrn und Erlöser anerkannt haben oder zumindest am christlichen Glauben interessiert sind.
Es ist immer sehr bewegend zu erleben, wie diese neue Identität in Christus ermöglicht, dass Neues entstehen kann: seien es Freundschaften über kulturelle Grenzen hinweg, oder Interesse und Verständnis für den anderen.
Identität in Christus heißt hier, äußerliche Unterschiede und Andersartigkeiten zu überwinden und sich durch die Leitung des Heiligen Geistes gemeinsam für die Verbreitung dieser guten Botschaft einzusetzen – jeder auf seine Weise und in seiner Community.
